12 Mai 2015

Niederländisches AGB-Recht

Im tagtäglichen Geschäft nutzen viele Unternehmen AGB, sowohl für den Einkauf als auch für den Verkauf von Produkten oder Dienstleistungen. Dabei kommt es immer wieder vor, dass beide Parteien erklären, dass ihre eigenen AGB auf einen Vertrag anwendbar sind. Dann sprechen Juristen von einem Battle of Forms. Wie damit umzugehen ist und wie sich entscheidet welche Bestimmungen in einem solchen Fall gelten, bestimmt sich nach niederländischem Recht anders als nach deutschem Recht.

Niederlande: First Shot Regel

In den Niederlanden gilt die *First Shot Regel*. Das heißt kurz gesagt: wenn beide Vertragsparteien ihre AGB anwendbar erklärt haben, dann finden grundsätzlich die AGB der Partei Anwendung, die ihre AGB als erste gültig anwendbar erklärt hat. Hat die Partei, die als zweite ihre AGB anwendbar erklärt hat, die Anwendbarkeit der AGB der ersten Partei ausdrücklich abgelehnt, dann gelten die AGB der zweiten Partei – es sei denn, auch diese wurden wiederum ausdrücklich abgelehnt. Ausdrückliches Ablehnen muss so formuliert und geäußert werden, dass es der anderen Partei nicht entgehen kann. Es sollte schriftlich stattfinden und wird nicht durch einen Passus in den eigenen AGB oder Auftragsbestätigungen erzielt. Die Entstehungsgeschichte eines Vertrags ist somit von großer Bedeutung für die rechtliche Beurteilung, welche AGB anwendbar sind.

Deutschland: Knock-out Regel

Nach deutschem Recht gilt für die Lösung eines Battles of Forms die *Knock-out Regel*: hierdurch gelten für den Vertrag beide AGB, soweit sie nicht voneinander abweichen. Sofern AGB-Klauseln unterschiedliche Bestimmungen befassen – und das wird in AGB gerade für die wichtigsten Bestimmungen (Garantie, Haftung, Zahlungsfristen und Folgen der Nicht-Zahlung) der Fall sein – sind sie nicht auf den Vertrag anwendbar und werden durch die entsprechende gesetzliche Regelung ersetzt.

Internationales Privatrecht: charakteristische Leistung

Ob ein Battle of Forms nach deutschem Recht (Knock-out Regel) oder nach niederländischem Recht (First-shot Regel) gelöst wird, bestimmt sich nach den Regeln des internationalen Privatrechts. Dabei bestimmt die charakteristische Leistung, welches Recht Anwendung findet. Bei einem Kaufvertrag hat der Verkäufer die charakteristische Leistung zu erbringen. Ist der Verkäufer in Deutschland und der Käufer in den Niederlanden ansässig, dann wird das Battle of Forms über deutsches Recht gelöst. Andersrum (Käufer in Deutschland, Verkäufer in den Niederlanden), löst niederländisches Recht diese Frage und gilt die First-shot Regel.

Umgang mit First Shot Regel: Sicherstellung der Gültigkeit der eigenen AGB

Nach niederländischem Recht gilt für die Gültigkeit und Anwendung von AGB die First Shot Regel. Dies bedeutet zusammengefasst, dass die AGB der Vertragspartei gelten, die ihre AGB als erstes der anderen Partei zur Verfügung gestellt (im niederländischen wird von „zur Hand gestellt“ gesprochen) hat und erklärt hat, dass ihre AGB auf den Vertrag anwendbar sind. Widerspricht die zweite Partei der Anwendbarkeit der AGB ausdrücklich und erklärt sie dabei ihre eigenen AGB als anwendbar, so sind die AGB dieser zweiten Partei Teil des Vertrags, es sei denn die erste Partei widerspricht dem wiederum.
Um im Vorfeld bei Entstehung eines Vertrags sicherzustellen, dass die eigenen AGB auch tatsächlich Bestandteil des Vertrags werden, und nicht die des Vertragspartners, sollte auf Details geachtet werden. Folgende Maßnahmen können zur Unterstützung im deutsch-niederländischen Geschäft getroffen werden, insbesondere dann, wenn Sie als deutsches Unternehmen einem niederländischen Unternehmen Produkte verkaufen oder Dienstleistungen erbbringen. Diese Maßnahmen können Ihnen dabei helfen, dass im Falle eines Battle of Forms, sofern dies nach der niederländischen First-Shot Rule gelöst wird, die eigenen AGB Anwendung finden.

  • In allen Verträgen, Angeboten und anderen schriftlichen Äußerungen, worunter E-Mails, sollte ein Hinweis auf die eigenen AGB aufgenommen werden und dabei erklärt werden, dass sie auf jegliche Verträge anwendbar sind.
  • Stellen Sie die eigenen AGB der anderen Partei so früh wie möglich zur Verfügung. Sofern dies durch tatsächliche Übergabe ausgedruckter AGB stattfindet, ist es zu empfehlen, dies zu dokumentieren.
  • Es ist zu empfehlen, die AGB auf der eigenen Website zu veröffentlichen, so dass der Vertragspartner sie dort selbst herunterladen kann.
  • Lesen Sie Emails und andere Korrespondenz des Vertragspartners genau. Prüfen Sie, ob er eine AGB anwendbar erklärt und dabei auch Ihre ausdrücklich ablehnt. Ist das der Fall, dann sollte unbedingt hierauf geantwortet werden, denn sonst sind die AGB des Vertragspartners wahrscheinlich anwendbar.