12 Juli 2022

Die Geheimhaltungsvereinbarung: eine rechtliche Einschätzung und die Möglichkeit zur Auflösung

Kategorie: German Desk, Unternehmensrecht

Die Geheimhaltungsvereinbarung (Non-Disclosure Agreement, abgekürzt NDA) spielt bei einer Fusion oder Übernahme eine wesentliche Rolle. So will eine kaufende Partei in der Verhandlungsphase die Unterlagen des Unternehmens einsehen. Obwohl dies zwar aus der Sicht der kaufenden Partei verständlich ist, geht die verkaufende Partei durch die Offenlegung vertraulicher Informationen ein gewisses Risiko ein. In einer Geheimhaltungsvereinbarung legen die Parteien daher fest, welche Informationen der Vertraulichkeit unterliegen und was (nicht) damit gemacht werden darf.

Bei einer einseitigen Geheimhaltungsvereinbarung legt nur eine Partei Informationen vor, während sich die andere Partei verpflichtet, diese Informationen nicht weiterzugeben. Tauschen beide Parteien Informationen untereinander aus, liegt eine gegenseitige Geheimhaltungsvereinbarung vor. Da insbesondere die verkaufende Partei oft großen Wert auf eine Geheimhaltungsvereinbarung legt, wird die Auflösung einer solchen Vereinbarung oft vertraglich ausgeschlossen. Aber einmal angenommen, dass Sie eine solche Klausel nicht aufgenommen haben – kann eine Geheimhaltungsvereinbarung dann aufgelöst werden?

Verstoß gegen eine Geheimhaltungsvereinbarung   

Wenn die kaufende Partei gegen die Geheimhaltungsvereinbarung verstößt und vertrauliche Informationen der verkaufenden Partei publik macht, ist es denkbar, dass die verkaufende Partei einen Schaden erleidet. Da sich nur schwer nachweisen lässt, wie groß der erlittene Schaden tatsächlich ist, wird bei einem Verstoß gegen die Geheimhaltungsvereinbarung im Allgemeinen eine Geldbuße im Sinne von Art. 6:91 des niederländischen Bürgerlichen Gesetzbuches fällig. Handelt es sich bei der betreffenden Partei um eine Gesellschaft, haftet sie auch qualitativ für ihre Beschäftigten. Diese Bestimmung ist häufig in der Geheimhaltungsvereinbarung selbst enthalten.

Rechtliche Bewertung einer Geheimhaltungsvereinbarung

Bevor die Möglichkeit der Auflösung einer Geheimhaltungsvereinbarung untersucht wird, muss erst einmal bestimmt werden, wie so eine Geheimhaltungsvereinbarung rechtlich zu bewerten ist.

Eine Auflösung wird im niederländischen Bürgerlichen Gesetzbuch im Abschnitt „gegenseitige Vereinbarungen“ beschrieben. So genannte gegenseitige Vereinbarungen gehören – wie die einseitigen Vereinbarungen – zu den verpflichtenden Vereinbarungen. Dabei handelt es sich um Vereinbarungen, aus denen sich Verpflichtungen ergeben.

Um als verpflichtende Vereinbarung zu gelten, muss laut 6:213 des niederländischen Bürgerlichen Gesetzbuches Folgendes gegeben sein:

  1. Es liegt ein mehrseitiges Rechtsgeschäft vor
  2. Es ergeben sich Verpflichtungen

Ein mehrseitiges Rechtsgeschäft wird von mehreren Parteien durchgeführt. Da bei dem Zustandekommen einer Geheimhaltungsvereinbarung mehrere Parteien beteiligt sind, scheint der ersten Anforderung entsprochen zu sein.

Ergeben sich aus einer Geheimhaltungsvereinbarung auch Verpflichtungen? Liegt eine Geheimhaltungsvereinbarung vor, ist maßgeblich, dass die Partei, die diese sensiblen Informationen über das Unternehmen erhält, sich verpflichtet, diese Informationen nicht an Dritte weiterzugeben. Dieser Verpflichtung der empfangenden Partei steht die Verpflichtung der offenlegenden Partei gegenüber, sensible Informationen über das Unternehmen offenzulegen. Diesbezüglich sei darauf hingewiesen, dass in der einschlägigen Literatur darüber diskutiert wird, wie weit diese Verpflichtung geht.

Jetzt zeigt sich, dass eine Geheimhaltungsvereinbarung in die Kategorie der verpflichtenden Vereinbarungen fällt. Es bleibt jedoch die Frage, ob es sich auch um eine gegenseitige Vereinbarung handelt. Liegt eine gegenseitige Geheimhaltungsvereinbarung vor, scheint dies der Fall zu sein. Dieser Begriff stammt jedoch aus der Praxis und bedeutet nicht, dass eine Geheimhaltungsvereinbarung auch tatsächlich eine gegenseitige Vereinbarung ist. Dafür ist nämlich ein das Charakteristikum der Gegenleistung erforderlich. Obwohl es jetzt um eine ziemlich technische Angelegenheit geht, ist man sich in Fachkreisen einig, dass eine Geheimhaltungsvereinbarung keine Gegenleistung beinhaltet.

Möglichkeit einer Auflösung?

Durch ein Versäumnis bei der Einhaltung einer Verpflichtung hat die Gegenpartei das Recht zur Auflösung der Vereinbarung. Eine Auflösung wird im niederländischen Bürgerlichen Gesetzbuch im Abschnitt „gegenseitige Vereinbarungen“ (Art. 6:265 Absatz 1) beschrieben. Da gerade festgestellt wurde, dass es sich bei einer Geheimhaltungsvereinbarung nicht um eine gegenseitige Vereinbarung handelt, kann sie auch nicht aufgelöst werden.

Art. 6:261 Absatz 2 des niederländischen Bürgerlichen Gesetzbuches enthält jedoch eine Klausel (schakelbepaling), die eine Möglichkeit bietet, eine Geheimhaltungsvereinbarung eventuell trotzdem aufzulösen. In dem Artikel steht, dass die Bestimmungen über gegenseitige Vereinbarungen ebenfalls für andere Rechtsverhältnisse gelten, die sich auf die gegenseitige Erbringung von Leistungen beziehen, insofern die Art der Rechtsverhältnisse dies nicht ausschließt.

Obwohl sich die Frage stellt, inwieweit eine Geheimhaltungsvereinbarung die gegenseitige Erbringung von Leistungen umfasst, bietet dieser Aspekt jedoch die Möglichkeit für eine Auflösung.

Blenheim berät Unternehmen beim Verkauf ihres Unternehmens

Denken Sie darüber nach, Ihr Unternehmen zu veräußern? Dann sollten Sie zunächst sorgfältig eine Geheimhaltungsvereinbarung abfassen. Auch wenn Sie vorhaben, ein Unternehmen zu übernehmen und kurz vor der Unterzeichnung der Geheimhaltungsvereinbarung stehen, ist es sinnvoll, so ein Dokument erst von Ihrem Rechtsbeistand prüfen zu lassen. Die Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte im Corporate Team von Blenheim verfügen über umfassende Erfahrungen, wenn es um die Beratung von Unternehmen bei Fusionen und Übernahmen geht.