16 Oktober 2022

Wie funktionieren Vergabeverfahren für öffentliche Aufträge?

Kategorie: Vergaberecht

Wenn man im öffentlichen Sektor Dritte mit Bauarbeiten, Lieferungen oder Dienstleistungen beauftragen will, gelten die Vergabevorschriften. Die Vorschriften dienen auch dazu, Unternehmen, die für einen öffentlichen Auftrag in Frage kommen wollen, eine faire Chance für eine Bewerbung zu bieten. Falls das Verfahren nicht korrekt durchgeführt wird, können die benachteiligten Parteien Schadensersatzansprüche geltend machen. Blenheim hat eine Übersicht über die Vergabevorschriften zusammengestellt.

Welche Arbeiten für den öffentliche Sektor bedürfen einer Ausschreibung?

Es gibt verschiedene Arten von öffentlichen Aufträgen, für die der öffentliche Sektor ein Ausschreibungsverfahren oder ein transparentes Verfahren durchführen muss. Dazu gehören:

  • Dienstleistungen: B. Reinigungsdienste, Pflegedienste oder Gebäudesicherheit, also alle Einkäufe, die nicht unter „Bauleistungen“ oder „Lieferungen“ fallen
  • Bauleistungen: Hoch- und Tiefbauarbeiten, wie Straßenbau, Bau einer Brücke, eines Bahnhofs usw.
  • Lieferungen: wie Kauf, Miete, Leasing und Mietkauf von Produkten
  • Immobilientransaktionen: wie Verkauf von Grundstücken, Immobilien und Vergabe in Erbbaurecht, und ähnliches, wenn es mehrere Bewerber für das Objekt gibt
  • Konzessionen: wie Transportdienste, Betrieb eines öffentlichen Schwimmbads usw.

Rechtlicher Rahmen für Vergabeverfahren

Dies sind die Rechtsvorschriften, die festlegen, wie man im öffentlichen Sektor Bauarbeiten, Aufträge oder Lieferungen auszuschreiben hat:

  • Vergabegesetz: Das Aanbestedingswet 2012 (Vergabegesetz) implementiert die europäischen Richtlinien 2014/24/EU und 2014/25/EU („Vergaberichtlinien“), die Konzessionsrichtlinien 2014/23/EU und die Richtlinie 2007/66/EU („Rechtsschutzrichtlinie“). Dieses Gesetz bietet einen einheitlichen Rahmen für öffentliche Aufträge und Konzessionen oberhalb und – in begrenztem Umfang – unterhalb der (europäischen) Schwellenwerte sowie Rechtsschutz für (europäische) Ausschreibungen.
  • Europäische Gesetze und Verordnungen: Die Gesetze und Verordnungen für das öffentliche Auftragswesen stammen aus der Europäischen Union. Die „Vergaberichtlinien“ und die „Konzessionsrichtlinie“ bilden momentan die wichtigste Grundlage. Die Interpretation dieser Vergaberichtlinien und der „Konzessionsrichtlinie“ findet man in Grünbüchern, Interpretationsdokumenten u. ä. der Europäischen Kommission.
  • Burgerlijk Wetboek (niederl. BGB): der rechtliche Rahmen für Verträge.
  • Gemeentewet (Gemeindegesetz) und Provinciewet (Provinzialgesetz): der rechtliche Rahmen für Gemeinden und Provinzen.
  • Algemene wet bestuursrecht (Allgemeines Verwaltungsrechtsgesetz): der rechtliche Rahmen für alle öffentlichen Behörden.
  • Gids Proportionaliteit (Leitfaden zur Verhältnismäßigkeit): Der (überarbeitete) Leitfaden zur Verhältnismäßigkeit 2016 ( In Holländisch) ist in seiner Gesamtheit die im Vergabeerlass vorgesehene Leitlinie mit Hilfsmitteln für eine angemessene Anwendung des Verhältnismäßigkeitsprinzips.
  • Aanbestedingsreglement Werken (Abk. ARW / Vergabeordnung für Bauaufträge): Die ARW 2016 enthält Verfahrensvorschriften, wie Bauausschreibungen durchgeführt werden sollten.
  • Regeln aus der Rechtsprechung: wie das Didam-Urteil des Hoge Raad (In Holländisch), denn auch bei Immobilientransaktionen gilt der Gleichheitsgrundsatz mit transparenten Verfahren für die Bewerber.

Grundsätze für jede Vergabeform

  • Gleichbehandlung (Gleichheitsgrundsatz): Gleiche Sachverhalte dürfen nicht unterschiedlich behandelt werden, außer wenn dieser Unterschied objektiv gerechtfertigt ist. Auch verdeckte oder indirekte Diskriminierung ist verboten.
  • Keine Diskriminierung (Grundsatz der Nichtdiskriminierung): Diskriminierung aufgrund der Nationalität ist nicht zulässig.
  • Transparentes Verfahren (Transparenzprinzip): Das zu befolgende Verfahren sollte nachvollziehbar (und damit überprüfbar) sein. Dies ist eine logische Folge des Gleichbehandlungsprinzips. Bieter, die im üblichen Rahmen sorgfältig und aufmerksam sind, müssen wissen, woran sie sind.
  • Verhältnismäßigkeit (Verhältnismäßigkeitsprinzip): Die den Bietern auferlegten Anforderungen, Bedingungen und Kriterien dürfen im Verhältnis zum Auftragsgegenstand nicht unverhältnismäßig sein. Die Stadtverwaltung wendet das Verhältnismäßigkeitsprinzip bei den Anforderungen, Bedingungen und Kriterien an, die für Bieter und Angebote gelten, sowie bei den Vertragsbedingungen.
  • Gegenseitige Anerkennung: Dienstleistungen und Waren von Unternehmen aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union müssen zugelassen werden, sofern diese Dienstleistungen und Waren die legitimen Bedürfnisse der Gemeinde gleichermaßen erfüllen können.

Ausnahmen von der europäischen Ausschreibungspflicht

Abweichungen von Vergabeverfahren oberhalb der europäischen Schwellenwerte sind nicht zulässig, mit Ausnahme einiger im Vergabegesetz 2012 definierter Möglichkeiten. Nur im ganz besonderen Ausnahmefall und mit guter Begründung kann unterhalb des europäischen Schwellenwertes von dieser Beschaffungs- und Vergabepolitik aufgrund besonderer technischer, wirtschaftlicher oder nachhaltiger Erwägungen abgewichen werden, wenn sich dies im Rahmen des novellierten Vergaberechts 2012 bewegt. Eine Stelle im öffentlichen Sektor hat oft auch ihre eigenen Beschaffungs- und/oder Ausschreibungsrichtlinien. Abweichungen von diesen Richtlinien sind möglich und werden nur auf der Grundlage einer hinreichend begründeten Entscheidung der dazu befugten Personen zugelassen.

Schwellenwert der Ausschreibungspflicht für die öffentliche Hand

Es gibt einen Schwellenwert, ab dem eine Ausschreibung obligatorisch wird. Die Schwellenbeträge werden alle zwei Jahre von der Europäischen Kommission auf der Grundlage des durchschnittlichen Tageswerts des Euro neu festgelegt. Die aktuellsten Schwellenbeträge wurden im November 2021 im Amtsblatt der EU veröffentlicht. So liegt die Untergrenze für Dienstleistungen oder Lieferungen jetzt bei 215.000 € und für die Zentralbehörde bei 140.000 €. Je nach Art der Ausschreibung variiert dieser Schwellenwert. Für die Zentralbehörde kann der Betrag von dem der unteren Behörden abweichen. Die aktuellen Schwellenwerte finden Sie hier für Immobilientransaktionen und knappe Genehmigungen, für die es mehrere Bewerber gibt, gilt beispielsweise kein Schwellenwert. Dann muss der öffentliche Sektor stets ein transparentes Verfahren einleiten (In Holländisch), um damit den Interessenten eine Bewerbung zu ermöglichen.

Die Nichteinhaltung der Vergabevorschriften kann Haftung auslösen

Die Vergabe eines Auftrags durch die öffentliche Hand nach einer fehlerhaften Ausschreibung kann zur Haftung führen. Wenn zum Beispiel das Angebot des erfolgreichen Bieters ungültig ist und hätte aufgehoben werden müssen, kann der zweite Bieter diesbezüglich eine Klage erheben. Das geschah in diesem Rechtsstreit über eine Ausschreibung (In Holländisch) für Außenwerbung. Ein öffentlicher Auftraggeber muss die Bieter gleich und diskriminierungsfrei behandeln (Gleichheitsgrundsatz) und daher transparent handeln (Transparenzgrundsatz). In dem Vergabeverfahren muss sichergestellt werden, dass der öffentliche Auftraggeber jegliches Risiko von Begünstigungen und Willkür ausschließt. Daher müssen für alle Bieter die gleichen Bedingungen gelten und die Anforderungen und Kriterien der Ausschreibung klar, präzise und unmissverständlich formuliert sein. Wenn ein öffentlicher Auftraggeber einen Bieter, dessen Angebot die formalen Anforderungen oder die Eignungsanforderungen nicht erfüllt oder für den ein Ausschlussgrund gilt, nicht ausschließt und ihm den Zuschlag erteilt, so handelt er gegenüber anderen Bietern, deren Angebote die Anforderungen erfüllen, rechtswidrig.

Blenheim übernimmt die Beratung und Verfahrensführung bei vergaberechtliche Streitigkeiten. Nehmen Sie unverbindlich Kontakt auf mit uns.