Handbuch Lebensmittelkennzeichnung NVWA (Niederländische Behörde für Lebensmittel- und Produktsicherheit)

Anfang September 2022 veröffentlichte die Niederländische Behörde für Lebensmittel- und Produktsicherheit (NVWA – In Holländisch) ein neues Handbuch über die Kennzeichnung von Lebensmitteln („Lebensmittel“ im klassischen Sinne, aber auch Nahrungsergänzungsmittel und Getränke) und über die Verwendung von Werbeversprechen (Claims), beispielsweise auf Werbeplattformen wie Websites und in Speisekarten von Restaurants. In diesem Handbuch äußert sich die NVWA unter anderem dazu, wie sie sich die Durchsetzung im kommenden Jahr vorstellt, wo die Schwerpunkte liegen werden und welche neuen Probleme sich ergeben. Interessant für den auf Lebensmittelrecht spezialisierten Rechtsbeistand und die Verantwortlichen in der Lebensmittelbranche.

Hauptzweck der Regelung der Lebensmittelkennzeichnung und der Werbeversprechen

Im Sinne des Verbraucherschutzes soll die Regelung der Etikettierung und Werbeversprechen beim Verkauf von Lebensmitteln ehrliche und klare Informationen gewährleisten. Auf dem Etikett müssen bestimmte Informationen stehen, gewisse Zusatzinformationen sind dort erlaubt und bestimmte andere Informationen sind verboten. In jedem Fall dürfen die Informationen nicht irreführend sein. Das Gleiche gilt für die Verwendung von Werbeversprechen (Claims), ob es sich nun um die Nährwertangaben zum Produkt oder um gesundheitsbezogene Angaben (Health Claims) handelt: Die Angaben müssen der Wahrheit entsprechen, dürfen nicht irreführend oder gar zweideutig sein und müssen sich auf wissenschaftliche Nachweise stützen.

Durchsetzung & Priorität der NVWA bei Lebensmitteln

Die unterschiedlichen Anforderungen an ein Etikett können weitreichende Konsequenzen haben. Das geht manchmal so weit, dass selbst einfache Werbung keinen Platz mehr auf dem Produkt hat. Eine häufige Frage lautet daher, ob das NVWA wirklich jeden Verstoß ahndet. In dem Handbuch erwähnt die NVWA nicht, dass sie bestimmte Verstöße übergeht, sondern stellt klar, dass für die Überwachung ein risikobasierter Ansatz gilt. Folgende Faktoren sind für die NVWA Grund, die Durchsetzung der Vorschriften voranzutreiben: Gesundheitsrisiko für die Verbraucher:innen, Risiko der Irreführung der Verbraucher:innen oder das Risiko der Nichteinhaltung von Rechtsvorschriften. Die NVWA betont, dass Lebensmittelsicherheit, Irreführung und ehrliche Informationen für die NVWA Priorität haben, wobei sie ausdrücklich die Bereitstellung von Informationen über Allergene erwähnt.

In Bezug auf die Form der Durchsetzung macht die NVWA recht eindeutige Angaben. Diese erfolgt üblicherweise mittels einer Verwaltungsstrafe. Ein Verstoß wird nicht mit einer Verwaltungsstrafe geahndet, wenn es sich beispielsweise um einen vorsätzlichen oder „fahrlässigen“ Verstoß handelt, der eine unmittelbare Gefahr für die Gesundheit oder Sicherheit eines Menschen darstellt, oder wenn die vorgeschriebene Strafe deutlich unter dem Vorteil liegt, den die Zuwiderhandelnden durch den Verstoß erlangt haben. Eine Ausnahme vom verwaltungsrechtlichen Weg besteht darin, dass Verstöße auch strafrechtlich geahndet werden können. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn es notwendig wird, Produkte aus dem Verkehr zu ziehen oder eine behördliche Zwangsschließung eines Gebäudes zu veranlassen.

Wer trägt die Verantwortung für die Sicherheit eines Lebensmittels?

Die Verantwortung für die Bereitstellung korrekter Informationen liegt bei der Person, unter deren Namen ein Lebensmittel in Verkehr gebracht wird. Dies ist in Artikel 8 der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 festgelegt. Wir bezeichnen diese Person als „Betreiber:in“. Wenn ein Lebensmittel in die EU importiert wird, ist der EU-Importeur für die Bereitstellung der korrekten Informationen verantwortlich. Im Rahmen der Rückverfolgbarkeit müssen Name und Anschrift der betreibenden Person oder des Exporteurs auf dem Produkt angegeben werden.

Diese Verantwortung bedeutet, dass die Betreiber:innen oder Importeure das Produkt nicht liefern dürfen, wenn sie wissen oder den Verdacht haben, dass das Lebensmittel nicht den Rechtsvorschriften entspricht. Auf dem Lebensmittelmarkt kommen üblicherweise Einzelhändler:innen / Vertriebsunternehmen ins Spiel. Auch sie haben eine Verantwortung und dürfen ein Produkt nicht verkaufen, wenn sie wissen, dass es nicht den Vorschriften entspricht.

Fazit: Jede Partei in der Nahrungsmittelbranche hat die Pflicht, Alarm zu schlagen und gegebenenfalls den Verkauf in ihrem Bereich zu stoppen. Die NVWA kann jede Partei einzeln zur Rechenschaft ziehen und erforderlichenfalls Sanktionen gegen sie verhängen.

Einige Sonderfälle der Lebensmittelkennzeichnung

Ich werde hier nicht auf den Inhalt der zahlreichen Vorschriften und Verordnungen eingehen, die für die Lebensmittelsicherheit, die Lebensmittelkennzeichnung und die Werbung für Lebensmittel gelten. Das Handbuch beschäftigt sich teilweise damit, was die Kennzeichnung und Werbung betrifft, spricht aber auch einige schwierige Themen an. Im Laufe der Jahre sind exotische Lebensmittel auf den Markt gekommen oder neue Techniken zur Lebensmittelerzeugung entwickelt worden. Ich werde einige davon kompakt darstellen und empfehle dringend, bei der Arbeit mit diesen Lebensmitteln juristische Hilfe in Anspruch zu nehmen.

  • Nano-Zutaten und Nanomaterialien

Nano-Zutaten sind Zutaten, die aus Nanomaterialien bestehen (Material kleiner als 100 Nanometer). Die gezielte Erzeugung dieser Inhaltsstoffe muss gemäß den europäischen Vorschriften erfolgen, und das Vorhandensein dieser Inhaltsstoffe muss ausdrücklich vermeldet werden. Dabei ergibt sich die Frage, ob die Nanomaterialien gezielt erzeugt werden, denn Nanopartikel entstehen auch bei der Herstellung ganz herkömmlicher Produkte, etwa bei der Homogenisierung von Milch. Einige Nanomaterialien („technisch hergestellte Nanomaterialien“) sind gleichzeitig neuartige Lebensmittel, für deren Verkauf eigene Vorschriften gelten.

  • Neuartige Lebensmittel (Novel Food)

Neuartige Lebensmittel sind Lebensmittel oder Zutaten, die vor dem 15. Mai 1997 in der EU nur selten konsumiert wurden. Das sind entweder isolierte Lebensmittel oder aus tierischem oder pflanzlichem Material gezüchtete Zutaten, die im Novel-Food-Katalog der Europäischen Kommission aufgeführt sind. Man muss darauf achten, dass für diese Lebensmittel angepasste Kennzeichnungsvorschriften gelten können und auch eventuell eine Zulassungsregelung greift. Bestimmte neuartige Lebensmittel dürfen in der EU nur nach Genehmigung durch die Europäische Kommission gehandelt werden. Die Durchsetzung der Vorschriften für neuartige Lebensmittel ist eine nationale Angelegenheit: Jeder Mitgliedstaat kann seine eigene Regelung anwenden. In den Niederlanden kann die Durchsetzung u. a. durch eine Rückrufaktion erfolgen.

  • Genetisch veränderte Organismen / „Ohne Gentechnik hergestellt“ (GMO)

Besondere Vorschriften gelten auch für Lebensmittel, die genetisch veränderte Organismen enthalten oder daraus hergestellt wurden. Sie müssen separat angegeben werden und dürfen nicht ohne Weiteres verwendet werden. Andererseits kann gerade die Kennzeichnung „Ohne Gentechnik hergestellt“ für den Verkauf eines Produkts von Vorteil sein. Diese regulierte Kennzeichnung darf jedoch nur unter bestimmten, strengen Bedingungen auf einem Produkt angebracht werden. Darüber hinaus sind andere Kennzeichnungen als „ohne Gentechnik zubereitet“ nicht zulässig.

  • Biologisch, organisch, ökologisch

Ab dem 1. Januar 2021 gilt die europäische Verordnung 2018/848 über die biologische Produktion und die Kennzeichnung von biologischen Produkten. Damit werden die alten Verordnungen aufgehoben. Aktuell beinhalten die Vorschriften, dass Erzeugnisse nur dann als „ökologisch“, „biologisch“ und „ökologisch“ bezeichnet werden dürfen, wenn die Vorschriften für die Erzeugung biologischer Produkte erfüllt werden. Diese Vorschriften betreffen den Produktionsprozess des Produkts und alle weiteren Schritte bis zu den Verbraucher:innen.

Vermeidung der Durchsetzung durch die NVWA bei Lebensmitteln und Nahrungsergänzungsmitteln

Die Lebensmittelkennzeichnung und Werbung für Lebensmittel ist in Europa streng geregelt. Im Prinzip beschränkt sich die Durchsetzung auf relativ niedrige Verwaltungsstrafen. Sie kann aber sehr einschneidende Folgen haben, wenn beispielsweise Geschäftsräume geschlossen, Pressemitteilungen verbreitet oder Produkte zurückgerufen werden müssen. In einem Markt, in dem aufgrund kontinuierlicher Innovationen stark verstreute, hochtechnische und komplexe Rechtsvorschriften gelten, profitieren Sie von solider juristischer Hilfe. Mit einer gut vorbereiteten Produkteinführung und kompetentem Rechtsbeistand bei einer Durchsetzung können Sie viel Geld und Zeit sparen.

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