12 Juli 2022

ESG Due Diligence – aktuelle Vorgaben und Blick in die Zukunft

Kategorie: German Desk, Unternehmensrecht

Die Due-Diligence-Prüfung spielt seit vielen Jahren eine wichtige Rolle bei Fusionen und Übernahmen. Vor dem Abschluss eines Kaufvertrags wird das (ver-)kaufende Unternehmen in Bezug auf wirtschaftliche, rechtliche, steuerliche und finanzielle Aspekte meistens sorgfältig durchleuchtet. In den letzten Jahren hat das Thema Nachhaltigkeit in unserer Gesellschaft ebenso wie für Unternehmen an Bedeutung gewonnen. Deshalb spielt die Konformität nach den Due Diligence-Kriterien Economical, Social & Governance (ESG Due Diligence) ebenfalls eine immer größere Rolle. Dabei wird untersucht, ob ein Unternehmen die Auflagen zur Nachhaltigkeit beachtet (oder nicht).

Der EU-Aktionsplan Nachhaltige Finanzen und der europäische Green Deal haben zu unterschiedlichen Regelungen geführt. Diese Pläne wurden nach dem Klimaabkommen von Paris abgefasst. In diesem Blog-Beitrag möchte ich auf die aktuellen und möglicherweise zukünftigen europäischen Bestimmungen zur Nachhaltigkeit eingehen, die für börsennotierte Unternehmen gelten.

Non-Financial Reporting Directive  

Die Non-Financial Reporting Directive (NFRD), die 2014 angenommen wurde, gilt seit 2018. Die Richtlinie NFRD verpflichtet Unternehmen öffentlichen Interesses mit mehr als 500 Beschäftigten, im Jahresabschluss oder Geschäftsbericht so genannte nichtfinanzielle Informationen vorzulegen. Diese Vorgabe gilt für viele börsennotierte Unternehmen. Die nichtfinanziellen Informationen lassen sich in drei Kategorien unterteilen:

  • Informationen über das Geschäftsmodell
  • Informationen über Umwelt-, Sozial- und Personalfragen, die Beachtung von Menschenrechten und die Bekämpfung von Korruption und Bestechung
  • Informationen über nichtfinanzielle Leistungsindikatoren (z. B. Zukunftssicherheit der Unternehmensleistungen)

Damit sich Unternehmen ein besseres Bild über die Mindestanforderungen der NFRD machen können, hat die Europäische Kommission zusätzliche sogenannte „unverbindliche Leitlinien“ herausgegeben.

Sustainable Finance Disclosure Regulation

Am 10. März 2021 ist die Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR) in Kraft getreten, die für Parteien auf dem Finanzmarkt und die Finanzberatung Anwendung findet. Der Geltungsbereich der Richtlinie umfasst somit im Prinzip die gesamte Vermögensverwaltung.

Die SFDR zielt darauf ab, einen harmonisierten Rahmen für die Offenlegung von Informationen hinsichtlich der Nachhaltigkeitsaspekte von Finanzprodukten mit einer Anlagekomponente zu schaffen. Die SFDR enthält eine Transparenzverpflichtung, nach welcher Marktteilnehmer auf ihrer Website Informationen darüber bereitstellen müssen, wie Nachhaltigkeitsrisiken in den eigenen Anlageverfahren berücksichtigt werden.  Damit wird auf den Schutz von Anlegenden abgezielt, sodass sie eine Anlageentscheidung aufgrund fundierter Informationen treffen können.

Die Taxonomie-Verordnung

Am 22. Juni 2020 wurde die Taxonomie-Verordnung veröffentlicht, von der ein Teil am 1. Januar 2022 in Kraft getreten ist, während der andere Teil ab dem 1. Januar 2023 gelten wird. Die Verordnung stellt einen Rahmen mit Kriterien für die Beantwortung der Frage dar, welche wirtschaftlichen Kapitalanlagen nun eigentlich ökologisch gesehen nachhaltig sind. Die Verordnung beschreibt ein Klassifizierungssystem, anhand dessen aufgezeigt wird, ob eine Geldanlage ökologisch gesehen nachhaltig ist oder nicht. Eine ökologisch gesehen nachhaltige Kapitalanlage:

  1. muss einen beträchtlichen Beitrag in Bezug auf mindestens eines der sechs in der Verordnung bezeichneten Umweltziele leisten
  2. darf zu keiner schwerwiegenden Beeinträchtigung eines anderen Umweltziels führen, und
  3. erfolgt unter Einhaltung der Mindestanforderungen von Sozialstandards (wie Arbeits- und Menschenrechte).

Die Taxonomie-Verordnung bezieht sich in erster Linie auf alle von den EU-Mitgliedsstaaten getroffenen Maßnahmen hinsichtlich von Finanzprodukten oder Unternehmensanleihen, die als ökologisch gesehen nachhaltig betrachtet werden. Darüber hinaus gilt die Verordnung für Teilnehmende auf den Finanzmärkten, die Finanzprodukte anbieten. Darüber hinaus entspricht der Geltungsbereich der Taxonomie-Verordnung dem der NFRD.

Corporate Sustainability Reporting Directive

Im April 2021 wurde der Entwurf für eine EU-Richtlinie zur CSR-Berichterstattung (Corporate Sustainability Reporting Directive, CSRD) angenommen. Die CSRD wird für viele Unternehmen ab 2024/2025 gelten und soll auf europäischer Ebene zu einer Harmonisierung in Bezug auf Vorschriften und die Berichterstattung in puncto Nachhaltigkeit führen. Inhaltlich ist die CSRD ein Konzept zur Neufassung der NFRD, aber der Geltungsbereich der CSRD ist erheblich umfangreicher als der der NFRD. Zudem enthält die CSRD umfassende Auflagen für die Berichterstattung.

Der Geltungsbereich der CSRD umfasst alle börsennotierten Unternehmen in der EU sowie alle Unternehmen, die zwei der drei Größenkriterien nach dem Jahresabschlussrecht erfüllen (d. h. mehr als 250 Beschäftigte, mehr als € 40.000.000 Umsatz oder mehr als € 20.000.000 Bilanzsumme).

Hinsichtlich der Anforderungen zur Berichterstattung müssen Unternehmen von der sogenannten doppelten Materialität ausgehen, sodass die Verpflichtung zur Berichterstattung aus zwei Teilen besteht. Unternehmen müssen nicht nur über den Einfluss der Nachhaltigkeitsfaktoren auf das Unternehmen selbst Bericht erstatten, sondern auch auf den Einfluss ihrer Geschäftstätigkeit auf Mensch und Umwelt.

SFDR Regulatory Technical Standards

Die Informationsverpflichtungen gemäß der Taxonomie-Verordnung und der SFDR werden in den Regulatory Technical Standards (SFDR RTS) weiter ausgearbeitet.  Die SFDR RTS zielen darauf ab, ein Single Rulebook (Regelwerk) für die Berichterstattung zur Nachhaltigkeit zu schaffen, indem die allgemein formulierten Verpflichtungen nach den obigen Verordnungen zu erläutern. Die SFDR RTS werden voraussichtlich am 1. Januar 2023 in Kraft treten.

Blenheim berät Unternehmen

Unternehmen sind heute mit einem umfassenden Komplex an Bestimmungen und Vorgaben für die ESG Due Diligence konfrontiert, der wahrscheinlich noch umfangreicher wird. Daher ist es von ausschlaggebender Bedeutung, diese Vorgaben bei der Due-Diligence-Prüfung im Blick zu behalten.

Haben Sie Fragen über die obenstehenden Informationen? Wenden Sie sich dann bitte an die Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte des Corporate Team von Blenheim. Wir verfügen über umfassende Erfahrungen, wenn es um die Beratung von Unternehmen bei Fusionen und Übernahmen geht.